Donnerstag, 9. November 2006

Caravaggio Ausstellung Düsseldorf


Feiertagsbesuch (Allerheiligen) im Ehrenhof Düsseldorf

Die Carravaggio Ausstellung hatte ich bei einem anderen kürzlichen Besuch in Düsseldorf beiseite gelassen und mir die ausgezeichnete Bacon Ausstellung in der Kunstsammlung NRW anzuschauen. Da war ich an einem Wochentag und es war angenehm leer. Beim Caravaggio war erst mal anstehen an der Kasse angesagt, weil anscheinend bei Überfüllung der Ausstellungsräume die Kassen geschlossen werden müssen. Der ziemlich unglaubliche Eintrittspreis von 10 Euro pro Person wird auf 9 Euro reduziert, wenn man ADAC Mitglied ist, wie schön, daß Caravaggio ein Herz für versicherte Autofahrer hat...
Was gibts zu sehen? Einige wirklich wichtige und wunderbare Bilder und zu den meisten mindestens eine oder mehrere Kopien. Warum die dort hängen ist auch beim Durchlesen des gesamten und umfangreichen an den Wänden angeschlagenen Begleittextes nicht nachvollziehbar. Man erkennt nach kurzer Blickschule sehr gut, was ein Original sein muss und was eine dann zumeist wirklich eher schlechte Kopie ist.
Die Maltechnik, der spezielle erste Farbauftrag Caravaggios wird gut erklärt und eigentlich müßte jeder sehen können, was das Bleiweis in den Bildern bewirkt.
Circa dreißig Caravaggio Bilder hängen auf braun-beigen Untergründen, die Beleuchtung ist gedämpft, die Bilder werden von warmen gelblichen Spots angestrahlt. Die Architektur der Trennwände wirkt wie in einer kleinen dunklen Kapelle oder einem Plazzo mit halb zugezogenen schweren Brokatvorhängen. Steht man zu nah davor sieht man nicht so viel, weil dann Lichtreflexe auftreten, die bei ausreichendem Abstand verschwinden. Das ist unbewußt gut gelöst, so steht niemand direkt vor den Bildern und verdeckt alles. Die teilweise anstrengend opulenten Goldrahmen treten etwas in den Hintergrund, auch wenn man nicht um sie herum kommt, sicherlich eine merkwürdige Auffassung, aber ich denke häufiger, daß solche Bilder für eine Ausstellung von ihrem Rahmen befreit werden sollten. Allerdings, wenn schon Bilder des 20igesten Jahrhunderts, wie Picassos und Renoirs in fetten Goldrahmen prangen, warum sollte dann irgend jemand Verständnis dafür haben frühbarocke Bilder zu erleichtern. Die Konzentration auf das Bild wird deutlich durch große offensichtlich kostbare Rahmen verändert, daß darin eine auch ursprüngliche Tradition steckt und die Bilder niemals ohne Rahmen gezeigt werden sollten und somit auch Caravaggio gewusst hatte, daß sie so gezeigt würden, ist richtig, aber er konnte nicht wissen, daß seine Bilder einmal in Ausstellungen zusammengetragen würden und in diesem Zusammenhang nicht mehr Einrichtungsobjekte sind, die von ihrer Umgebung separiert und durch eine goldene Einfassung in ihrer kostbaren Bedeutung unterstrichen werden müssen, sondern vielmehr der Blick einzig auf sie und ihre Motive gerichtet ist. Nun einem bürgerlichen Publikum müsste diese Sichtweise sicherlich vermittelt werden, aber in Anbetracht der in diesem Falle vorliegenden konservatorischen und versischerungstechnischen Problemen etwas illusorisch. Interessanter Weise werden die Bilder in Katalogen ja in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ohne Rahmen dargestellt, in diesem Zusamenhang scheint es dann wieder zu gehen und dann wird auch gnadenlos auf weißen Seiten und mit weißem Rand abgebildet…
Bei Francis Bacon bekommt diese Katalog Ignoranz eine besondere Qualität, hat er doch seine Bilder bewußt als künstlerische Vorgabe in Gold rahmen und hinter Glas setzen lassen. In den Katalogen fallen die Rahmen völlig weg, eigentlich ein kunstwissenschaftlicher Offenbarungseid... Daß das Glas sicherlich problematisch werden könnte für eine Reproduktion sehe ich auch, aber die Goldrahmen lassen sich ja sogar in Photoshop nachträglich anfügen…

Bei Herrn Carvaggio werden jedenfalls keine Kosten in der Präsentation gespart und um die Räume nicht zu leer erscheinen zu lassen, hat man auch noch fleißig Kopien der Originale ausgeliehen und diese daneben gehängt. Nur warum, das wird nicht wirklich klar.
Begreift man doch recht schnell anhand eines Beispieles, daß die existierenden Kopien immer sehr anders als die Originale ausehen, weil die Einzigartigkeit der Caravaggios eben sehr speziell ist, aber eben genauso speziell wie bei jedem anderen guten Maler. Ginge es darum zu beweisen, dass man einen Caravaggio nicht fälschen könnte, so ist das natürlich grober Unfug. Visuell lässt sich jedes Bild fälschen, es ist nur eine Frage des Aufwandes. Warum also wird man als Besucher mit bis zu vier offensichtlichen Kopien auf ein Original traktiert, anstatt die gesamte verbrauchte Hängfläche frei zu lassen und dem einzigartigen Original seinen Raum zu lassen. Im Ergebnis hat man dann Zuschauer, die andächtig vor einer drittklassigen Kopie stehen und das Original nicht beachten. Zu was soll das führen? Nur um zu belegen, daß man mit viel Aufwand in wissenschaftlichen Studien belegen konnte, daß schlechte Caravaggios eben keine sind? Und in einer Publikumsausstellung die wissenschaftliche Beweisführung vorzuführen, obwohl doch gerade dies in die mit Millionen subventionierten kunstwissenschftlichen Werkstätten und Doktoranden-Labors der Museen und Universitäten gehört, halte ich für verfehlt. Denn bei einer Ausstellung geht es nicht um den Beweis der Existenzberechtigung des kunstwissenschaftlichen Beriebes, sondern um die Präsentation einzigartig guter Kunstwerke.
Ausstellungstechnik ist 2006 sicherlich ein Muß und deshalb ist die Projektion eines nicht ausleihbaren Bildes gar keine abwegige Idee. Auch daß mit einem vergrößerten Ausschnitt auf die Unterschrift des Malers begonnen wird und dann sukzessiv in ca. acht Minuten herausgezoomt wird und dabei immer mehr Bestandteile des wunderbaren Bildes auftauchen ist eine überraschend gute Idee. Man entdeckt gewissermassen die Elemente des Bildaufbaues und wird vertraut mit der Idee der räumlichen Konstruktion. Leider wird diese filmische Reise in einem Caravaggio Bild mit einer automatischen Scharfstellfunktion projiziert. Das bewirkt ein lustiges Dauerscharfstellen, wie bei Diaprojektoren, die beim Bildwechsel neu fokussieren müssen. Was soll das? Gehört das mit zum Konzept? Acht Minuten fokussieren gefällig?
Eher nein, oder?
Und das für zehn Euro plus nochmal drei Euro für einen Audioguide. Ich war im Sommer mehrfach in London und kann nur feststellen, dass man sich dort freien Eintritt an allen Tagen leistet und das macht sich in der Zusammensetzung des Publikums bemerkbar. Sieht man in Düsseldorf fast ausschließlich wohlhabende Menschen, die sich bereits in neuer Herbst-und Wintercouture zeigen und zumeist über dreißig Jahre alt sind, so findet man in London alle und alles, insbesondere auch viele sehr junge Leute und von Wohlstandskleidung keine Spur… Nun, ermäßigte Karten würden immer noch siebeneinhalb Euro kosten...Dreizehn Euro für eine sicherlich sehr gute Ausstellung, die von mehreren reichen, bis sehr reichen Firmen gespornsert wird, steuerlich absetzbar selbstverständlich, das waren einmal sechundzwanzig Demark. Bringt man so breite Schichten der Bevölkerung ins Museum? By the way: Mein Kölner Künstlerausweis wird in Düsseldorf nicht als Ermäßigungsberechtigung anerkannt, in keinem Museum, schließlich sind wir ja in Nordrheinwestphalen und meinen Abschluß habe ich an der Akademie um die Ecke vom Ehrenhof gemacht…
In London hat man für den freien Eintritt keineswegs schlechtere Exponate, wer einmal in der National Gallery war, könnte sich äquivalent locker einhundert Pfund für eine Eintrittskarte abnehmen lassen, bliebe man im Düsseldorfer Preis-Leistungsverhältnis. Nein, dann müsste man man in düsseldorf den Katalog eignentlich für den Eintritt gratis dazu bekommen.

Oper Köln


Opernbesuch in Köln am 27. und am 28. Oktober:


Am 27.10 in den Lohengrin.

Ausverkauftes Haus, bis auf den letzten Platz, das Publikum typisch für die Kölner Oper:

Zumeist ältere Menschen, von denen ca. ein Drittel eine greisenartige Erscheinung hat. Ich habe eine Dame gesehen, die ein Haarnetz trug, eines der Sorte, die zur Lebzeiten meiner Großmutter noch stärkere Verbreitung fanden (ich meine die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts), so etwas wie ein Nylonspinnweben, welches in diesem Falle seit Wochen nicht mehr nachgefärbte lichtere weiße Haare umschloss, wie eine elastische Kopfdelle...
Durchweg werden ja eher konservative, dunkle Kleidungsstücke in der Oper getragen oder sagen wir nicht mehr passende, das Gros der Greise trägt Jackets aus einer Zeit, in der ihre Muskelmasse gut doppelt so groß gewesen sein muss wie heute und die Farben sind Unfarben wie Braun, Schwarz und das allseits beliebte Grau. Die schlotternde Arme und nach unten weisenden Schulterpolster, an der Stelle, wo man den Ellenbogen vermutet, verdecken bei den Frauen Unmengen von Schmuck, der in der runzeligen Haut zu versinken scheint.
Also ein ausverkauftes Haus, in dem außer ein paar mitgenommene Kindern in Konfirmationskleidung, wenigen BWL Studenten, die die ABO Karten Ihrer sicherlich aus Krankheitsgründen nicht anwesenden Großeltern oder Eltern wahrnehmen (und tatsächlich treffsicher auch in Grau gekommen sind), viele müde Gesichter zu sehen sind, von Menschen, die eines sicher machen, arbeiten und viel essen. Eine Armee von Dicken und Alten, die unerwarteter Weise sich in dem Vorhaben einig zu sein scheint, den Lohngrin von Richard Wagner anzuschauen und anzuhören und das mehr als vier Stunden lang, rechnet man die Pausen mit ein....erstaunlich, wer macht so etwas freiwillig? Bei der Aussicht auf Schmerzen in jedem Zentimeter des geschwächten Körpers, der in den Nachkriegssitzen des Kölner Opernhauses leider keinen Grund zur Freude haben wird, eng, schlecht gepolstert und ohne jegliche Möglichkeit die Beine auch nur annähernd auszustrecken, in den Balkonen wird die Zeitmarter durch die aufsteigende verbrauchte und zu warme Luft der Parkett Gäste noch schwieriger, das Einnicken, der Halbschlaf, das mögliche Röcheln und dadurch bedingtes schlagartiges Weidererwachen mit nunmehr schrägstehendem Kopf...., die Nähe zu einem völlig Fremden, mit dem man eine Armlehne und womöglich den Geruch des zuvor besuchten Restaurants oder schlimmer noch seinen alten Schweißgeruch teilen muß... würden das im Gegenvergleich die Fans von Robbie Williams ertragen wollen? Vielleicht, denn sie sind viel jünger und belastbarer...
Endlich haben alle mehr oder wenig langsam ihre abgenutzte Klappsitze eingenommen und mußten um andere vorbeizulassen, dutzende Male wieder aufstehe, endlich dürfen die programmverkaufenden Schließerinnen (Gibt es den Begriff nicht auch in bundesrepublikanischen Strafvollzug?), die Türen schließen, das dumpfe Licht der original sechziger Jahre Beleutung erlischt (die beleuchteten Kristalldeckenblumen werden mit Kaninchendraht und Netzen gesichert, damit zerberstendes Glas nicht auf die Zuschauer regnen kann...) und die wunderbare Ouvertüre kann beginnen.
Lohngrin, mythische Musik, das Gürzenichorchester spielt wie in der jüngeren Vergangenheit bei Wagner von Anfang an superbe und dann kommen die Zuspätkommer. Sie werden von den Schließerinnen gnadenlos hereingelassen und dann muß sich während der Ouvertüre eine ganze Reihe des linken Parketts erheben, damit die bereits von anderen besetzen Plätze unter lautem Wortgefecht geräumt werden können und man sich mit dem guten Recht des Kartenbesitzers niederlassen kann, warum auch schämen, schließlich hat man dafür bezahlt und kommt schon seit Jahren pünktlich, die Vertriebenen wiederrum müssen erneut die ganze Reihe aufstehen lassen und können den ersten Aufzug völlig vergessen, so tief muss die Demütigung gesessen haben, das reicht für den ganzen Abend, glücklicherweise ist niemand bei der ganzen Aktion im dunklen Zuschauerraum gestürzt ..., gut, die Aufmerksamkeit kann sich wieder der Musik widmen, bis, ja, bis der Vorhang aufgeht und das Unvermeidlich geschieht, die sogenannte Inszenierung, in diesem Falle von keinem geringeren, als Klaus Maria Brandauer trifft auf die Netzhaut und das ist sofort erschütternd. Wir sehen eine stark an den Orchestergraben gerückte Szenerie, die aus Nebelschwaden aufzutauchen droht:
Zwei Autobahnbrückenpfeiler ohne Brücke und daneben ein abgestorbener und holer, womöglich durch eine Blitz seitlich gespaltener Plastikbaumstamm, ein aufrecht stehendes seitlich geborstenes Kanalrohr?
Was trägt man bei Lohngrin? Kettenhemden und Lederkäppies, Schürzen und Gummiröcke mit Hosen darunter, es erinnert etwas an die verhaßte Ausstattung von Cat Weezle und seiner besten Freundin Krywalda. Es ist klar, das muß wohl eine naturalistische, historisierende Inszenierung sein...
Blumenmädchen, singende Bauernburschen, bunte Bänder im Sommerwind, Kornblumen...
Das gemeine Volk, also der Opernchor ist farblich zurückgenommen in braun, schwarz und dunkelgrau, um der Erscheinung von Elsa von Brabant in einem bodenlangen reinweissen Kleid und Lohngrin in einem silbrig schimmernden Ensemble aus Kunstleder, die ihnen gebührende visuelle Aufmerksamkeit zu sichern. Elsas Kleid aus einem sehr dünnen und deshalb doppelt gefütterten Stoff ist lang, sie verheddert sich im Laufe des zweiten Aufzuges mehrmals so darin, dass ein Sturz auf die Bretter, die die Welt bedeuten, nur knapp durch rasches Zerren am Stoff abgewendet werden kann. Der Einsatz von unmotiviert herumstehenden Brautjungfern und ihr ständiges Herumnesteln an Elsas mutmaßlichem Brautkleid dient im Grund nichts anderem, als der Abwendung des finalen Sturzes der guten Elsa, die sich immer wieder dümmlich wirkend aus den Trittfallen ihres Faltenwurfes zu winden trachtet. Die Ärmste wird von einem Lohngrin begehrt, dessen Brustschild nicht im geringsten die stattliche Erscheinung unterstreicht, sondern ihn etwas verfettet wirken läßt, obwohl der reale Sänger Gottlob tatsächlich schlank zu sein scheint. Aber was macht das schon, wenn man sich seine silbernen Hosen genauer anschaut, in denen er aussieht, als trüge er Inkontinenzwindeln... arme Elsa von Brabant....Was macht eine Kostümbildnerin, der es gelingt einen gut aussehenden blonden Heldensänger wie einen gebrechlichen Vollidioten aussehen zu lassen? Gibt es nicht den Anspruch der Einheit zwischen Stimme, Rolle und Bühnenerscheinung bei Wagner, dem die allegorische Wirkung der Figuren über alles geht?
Wie schade, daß der Bühnenraum nur bis zu einer Tiefe von zehn Metern genutzt wird. Der Opernchor preßt sich rechts und links am Bühnenrand und wird zur Dauerflanke, damit die immer auf gleicher Höhe erscheinenden Hauptdarsteller nicht verdeckt werden. Wäre doch phantastisch, wenn die Figuren sich leicht und frei auf der Bühne entfalten könnten und ein wenig echte Bewegung ins Spiel brächten.

Der Schwan, welcher Lohngrin auf einer Barke über das Wasser zieht ist unzweifelhaft eine komplizierte Stelle für jede Inszenierung, die naturalistisch daher kommen will. Was nur hat Herrn Brandauer und Herrn Zechner (Bühnenbild) dazu verleitet einen großen Plüschschwan herstellen zu lassen und diesen von Opernchor und Statisten aus dem Off auf Händen in den Raum tragen zu lassen? Das Publikum lachte jedenfalls. Wie um zu sagen: "Schaut nur, so lustig ist ein künstlicher Schwan."
Das Licht erschöpft sich im Anleuchten von müden Nebelschwaden und ist ansonsten der Beleuchtung einer brasilianischen Telenovela würdig, Hauptsache man sieht alles recht deutlich, damit auch kein Detaille der wunderbaren Bühne und der klassischen Kostüme (Petra Reinhardt) verloren geht.
Man kommt sich vor wie im Homevideo des grauhaarigen Mittfünfzigers in der zweiten Reihe, dessen Videokamera immer genau den richtigen Weißabgleich findet, damit Tante Ritas Gesicht nicht zu orange wirkt.
Nach dem zweiten Aufzug und mehrmaligem Wegnicken, forciert durch das Bedürfnis vor so viel gekonntem Naturalismus die Augen zu verschließen, war es an der Zeit zu gehen, um zu Hause im Bett und mit einem heißen Tee den Rest auf CD zu hören, Wagners Musik phantastisch zu finden und neue Kräfte aufzubauen um am nächsten Tag etwas Leichteres zu geniessen, die Macht des Schicksals von Guiseppe Verdi.

Und zum Verdi gibt es nicht viel Gutes zu sagen.
Die Inszenierung ist expressionistisch angehaucht, man ergeht sich in plakativem, dunklem Symbolismus, der einer Paul Hindeminth oder Béla Bartók Komposition als Regieansatz zu Gesicht stünde und erzählt fragmentarisch und nicht mehr nachvollziehbar.
Es entsteht der Eindruck, als hätte der Regisseur Herr Schuller die Handlung selber nicht verstanden und wundert sich nun nicht mehr, wenn er die Petersburger Fassung zur Inzenierung wählt, obwohl Verdi eine überarbeitet Mailänder Fassung Jahre später ablieferte, die sicherlich nicht entstanden wäre, hätte er die ältere Fassung nicht für überarbeitungsbedürftig gehalten.
Das Bühnenbild ist sondergleichen schlecht, vermittelt es doch nichts anderes als Konfusion.
Was bitte soll ein Eisenbahnprellbock auf der Bühne, hinter dem sich zwei Protaginisten, wie an einer Kneipentheke nach mehreren Kölsch abstützen? Nun, es gibt ein einleuchtende Erklärung, man muss den völlig verfetteten Alvaro, der so schwergewichtig ist, daß er sich nicht mal mehr ohne Hilfe auf den Bühnenboden setzen kann, genau an seiner breitesten Stelle nicht sehen, ähnliches gilt für die Fettleibigkeit des Fra Melitone, dessen tonnenförmiger Bauch und sein unappetitliches Schlabberkinn nur eine Frage zuläßt:
Kann man Opernsänger tatsächlich besetzen, die so korpulent sind, daß ihre Bühnentauglichkeit definitiv bis zu einer dringlichen Diät mit Gewichtsreduzierung beendet ist?
Bei Leonora die Vargas sieht man, daß es mit einer einer etwas fülligeren Figur durchaus noch sehr gut geht, das Agieren auf der Bühne, das Schauspielern, das Darsteller sein, mal abgesehen von den Zwängen, der auch Sie sich durch das katastrophale Bühnenbild ausgesetzt sieht.
Warum hat Herr Schuller eigentlich das Bedürfnis eine epigonale Inszenierung im Stile seines ehemaligen Lehrers Herrn Kremers umzusetzen. Sollte man nicht irgendwann einmal ein eigenes Profil entwickeln?
Und dann auch bitte Stücke auswählen, denen man gewachsen ist und deren Libretto und Handlungsstrang man auch verstanden hat.
Oder ist es wie bei vielen bekannten Künstlerpersönlichkeiten, sie wählen sich nur Assistenten und Studenten, die alles so ähnlich und allenfalls etwas schlechter als sie selbst machen. Da scheint es Parallelen zu Kunstakademieklassen zu geben..., aber dazu ein anderes Mal mehr...
Der Gesang war durchweg besser als die Inszenierung. Ein Lob an Isabelle Kabatu und Dalia Schächter.
Ich habe die Augen von Zeit zur Zeit geschlossen und dann doch noch bis zum Schluss durchgehalten.
Bel canto.